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GRENZABMARKUNGEN IM WEINBAU – STEINE DES ANSTOSSES

Seite jeher ist der Grund und Boden die Grundlage für die landwirtschaftliche Tätigkeit. Daraus erwächst ein besonderes Interesse an der Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit von Grenzverläufen. Auf der Fläche werden die einzelnen Flurstück nach den zugrundeliegenden Katastermaßen unter Verwendung von Grenzabmarkungen (z. B. Grenzsteinen) ausgewiesen, die durch gerade Verbindung den Verlauf der Grundstücksgrenzen abbilden.

Haben Sie gewusst: Grenzsteine werden auch durch das Strafrecht geschützt: Gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einen Grenzstein in der Absicht, einem anderen einen Nachteil zuzufügen, wegnimmt, vernichtet, unkenntlich macht, verrückt oder fälschlich setzt.

Im Weinbau ist die Beachtung der Grundstücksgrenzen von besonderer Bedeutung. Im Gegensatz zum Ackerbau kann die Verletzung von Grenz- und Abstandsvorschriften nicht von Wirtschaftsjahr zu Wirtschaftsjahr korrigiert werden. Das Entfernen einer Rebzeile ist ein kostspieliges Ärgernis. Wer Reben pflanzt, sollte sich daher Gewissheit über den Grenzverlauf verschaffen, damit die Einhaltung der Abstandsvorschriften gewährleistet ist.

Zur Erinnerung: Nach § 14 Nachbarrechtsgesetz BW ist mit Rebstöcken in Weinbergen ein Grenzabstand einzuhalten, der der Hälfte des Reihenabstandes entspricht, mindestens jedoch 0,75 m.

 

Was, wenn keine Grenzsteine auffindbar sind?

Sofern der Grenzverlauf mangels Grenzabmarkungen nicht festgestellt werden kann, ist es im Interesse beider Grundstücksnachbarn, diesen feststellen zu lassen. Über die Notwendigkeit der Vermessung und der Teilung der durch entstehenden Kosten sollte Einvernehmen zwischen den Beteiligten hergestellt werden.

 

Empfehlung: Grenzverläufe im Einvernehmen mit dem Nachbarn klären.

 

Diese Modell sieht auch § 919 Abs. 1 BGB vor, welcher auch einen dahingehenden Anspruch vorsieht. Es gilt: „Der Eigentümer eines Grundstücks kann von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks verlangen, dass dieser zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.“ Auch die Kostenfrage ist im Gesetz geregelt. Nach § 919 Abs. 3 BGB sind die Kosten der Abmarkung von den Beteiligten zu gleichen Teilen zu tragen, sofern nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis sich ein anderes ergibt. Wenn sich also eine Seite verweigert, kann eine Abmarkung der Grenze gegen den Willen des Nachbarn durchgesetzt werden. Dass ein solches Vorgehen nur im „Notfall“ geboten ist, versteht sich im Sinne einer guten Nachbarschaft von selbst. Zudem dürfte ein einseitiges Vorgehen zur Folge haben, dass der Betreffende mit den Kosten in Vorleistung gehen muss und sich die Hälfte im Nachhinein vom Nachbarn holen muss, was im schlechtesten Fall einer Zivilklage bedarf.

 

Wer ist für die Abmarkung der Grundstücks zuständig und wie kann man die Kostenfrage klären?

Die Abmarkung kann von der zuständigen Vermessungsbehörde bzw. einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur vorgenommen werden. In der Praxis empfiehlt es sich, Kontakt mit der zuständigen unteren Vermessungsbehörde aufzunehmen. Dies ist meist das Vermessungsamt beim entsprechenden Landratsamt. Dort können Informationen über die Einzelheiten eingeholt werden. Teilweise werden auch Antragsformulare für Vermessungsleistungen auf der Homepage der Behörde zur Verfügung gestellt. Diese kann auch Auskunft über die zu erwartenden Kosten geben, die sich nach dem Gebührenverzeichnis für öffentliche Vermessungsleistungen richten. Die Gebühren hängen vom Wert des Grundstücks ab und sind bei landwirtschaftlichen Flächen daher deutlich günstiger als beispielsweise bei Bauland.

 

Landpachtrecht: Anspruch auf Wiederherstellung der Grenzabmarkung

Grundsätzlich sollte ein Grundstück bei Pachtende nicht nur im Zustand der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung sondern auch mit aufgedeckten Grenzsteinen zurückgegeben werden. Nicht selten ergeben sich Streitigkeiten betreffend die Grenzsteine nach Pachtende. Rechtlich ist die Konstellation einfach zu beurteilen. Wer Grenzmarken verrückt, sei es mit Absicht oder durch ein Versehen, haftet für deren Wiederherstellung. Demgegenüber besteht keine Verpflichtung zum Ersatz von Grenzsteinen, die bei Pachtbeginn nicht vorhanden waren. Wenn bei der Rückgabe des Grundstücks Grenzsteine fehlen und der Pächter meint, diese seien schon bei Pachtbeginn nicht vorhanden gewesen, muss der Verpächter im Streitfall das Gegenteil beweisen. Da ihm dieser Nachweis oft nicht gelingen wird, ist der Wiederherstellungsanspruch schwer durchsetzbar. Hilfreich ist daher eine entsprechende Dokumentation zu Vertragsbeginn. Wer auf Nummer sichergehen will, sollte in diesem Zusammenhang auf eine gegengezeichnetes Übergabeprotokoll nicht verzichten.

 

Bei Pachtbeginn vorhandenen Grenzabmarkungen dokumentieren

Dementsprechend sieht der Musterpachtvertrag für Rebland, den der Weinbauverband gemeinsam mit Experten von Behördenseite und den Vertragsanwälten entwickelt hat in § 2 Abs. 1 eine Beschreibung der Pachtsache vor, die sich auch in anderer Hinsicht empfiehlt (z.B. Zustand baulicher Anlagen). Es liegt daher wie so oft in den Händen der Vertragsparteien, durch präzise Regelung zu Pachtbeginn, mögliche Konflikt vorherzusehen und zu vermeiden.

 

Artikel in der Rebe & Wein, Ausgabe: Juni 2016, RA Peterle